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Berliner Kammergericht: „Die Kinder aufteilen“ geht nur, wenn man sich nicht streitet

Wenn die Eltern sich streiten kann das Gericht das so genannte „paritätische Wechselmodell“, bei dem das Kind gleichwertig in beiden Haushalten der Eltern lebt, ablehnen. Das hat das Berliner Kammergericht jetzt mit Beschluss vom 13.4.2017 entschieden (KG Berlin, 16 UF 8/17).

Das paritätische Wechselmodell sieht bei Trennung der Eltern vor, dass die Kinder zeitlich annähernd gleichwertig bei beiden Eltern betreut werden. Beide Eltern bieten den Kindern ein Zuhause, in dem es sich abwechselnd aufhält.

Das Modell kommt bei Scheidungen in den letzten Jahren mehr und mehr zum Zug.  In Verfahren, in denen beide Eltern vor der Trennung die Kindererziehung und -betreuung gemeinsam geleistet haben, wird damit die schwierige Entscheidung, wo die Kinder fortan leben sollen, vermieden.

Aus pädagogischer und kinderpsychologischer Sicht ist das Modell häufig schwierig, weil die Konflikte, aber auch unterschiedlichen Erziehungsstile der Eltern im täglichen Erleben der Kinder aufeinanderprallen. Streiten sich die Eltern, befindet sich das Kind permanent in einem Loyalitätskonflikt. Das wird durch die praktischen Anforderungen des Modells verstärkt: Die Aufteilung des Lebens des Kindes auf zwei Lebensmittelpunkte bedeutet einen beträchtlichen Organisations- und Kooperationsaufwand für die Eltern. Das ist gerade in der konfliktbelasteten Trennungs- und Scheidungsphase oft eine Überforderung für die Eltern.

Hier hat nun das Kammergericht Berlin klar das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt. Wenn aufgrund der Konflikte der Eltern die Nachteile des Modells sich für das Kind realisieren, dann kann das Gericht das paritätische Wechselmodell ablehnen und eine Sorgerechtsregelung auf Basis des Einzelresidenzmodells festlegen.

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