Der EuGH hat festgestellt, dass die Konfession von Bewerbern nicht bei jeder Stelle Ausschlusskriterium sein darf.
Das Urteil in einem Verfahren, in dem eine abgelehnte Bewerberin gegen das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) in Berlin geklagt hatte, stellt einen schweren Schlag gegen das kirchliche Arbeitsrecht dar.
Der EuGH stellt darin fest, dass das Recht auf kirchliche Selbstbestimmung nur dann als höherrangig gegenüber dem Diskriminierungsverbot zu bewerten ist, wenn die Konfession bei der ausgeschriebenen Stelle „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle. Das galt bisher grundsätzlich für alle Stellen in der Diakonie und muss nun wohl zukünftig für jede Stelle explizit bewertet werden.
Letztendlich vollzieht der EuGH damit eine Argumentation nach, die nicht zuletzt aus der Unternehmerischen Diakonie selbst kommt. Diese hatte sich in Zeiten knappen Personals mehr und mehr von strengen Regeln bezüglich der Kirchenzugehörigkeit ihrer Mitarbeiter verabschiedet und dafür unter anderem die Unterscheidung zwischen „verkündigungsnahen“ und verkündigungsfernen“ Tätigkeiten entwickelt. Auf Basis dieser Eigensicht der Diakonie ist das Urteil des EuGH durchaus nachvollziehbar.
Gefährlich ist die Entscheidung allerdings für das kirchliche Arbeitsrecht, da ihre Umsetzung ihm auf Dauer die Begründung nimmt:
Im Vergleich zum weltlichen Betriebsverfassungsrecht ist es konsensorientierter und nimmt die Arbeitnehmer wesentlich mehr neben der Geschäftsleitung in die gemeinsame Verantwortung für die Erfüllung des – christlichen – Unternehmenszwecks. Das manifestiert sich im Postulat der so genannten „Dienstgemeinschaft“ zwischen Arbeitnehmern und Leitung. Die Dienstgemeinschaft ist in ihrer Begründung geprägt von der Annahme, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit ihrer Arbeit gemeinsam einen religiösen Zweck erfüllen wollen. Mit der Unterteilung in verkündigungsnahe und verkündigungsferne Tätigkeiten, die der EuGH jetzt mit seiner Entscheidung rechtlich manifestiert hat, lässt sich diese Annahme als Begründung für ein Weniger an Arbeitnehmerrechten nicht mehr aufrechterhalten, zumindest nicht für die verkündigungsfernen Mitarbeiter.
Es bleibt abzuwarten, wie sehr sich dadurch der rechtliche Druck vor allem auf das kirchliche Kollektivarbeitsrecht erhöht.
Kirchliche Träger und Unternehmen sind allerdings gut beraten, jetzt ihre Personalstrategie entsprechend zu schärfen. Wo Kirche zukünftig drin sein muss, muss sie in der Stellenbeschreibung künftig nicht nur drin sein, sondern auch gerichtsfest begründet werden können.