Tarifstreit beim Diakonischen Werk Württemberg heute in der Schwäbischen Zeitung
Es ist ärgerlich, wenn man zum Frühstück lesen muss, dass die Schwäbische Zeitung mal wieder ohne ersichtlichen Grund Verdi die Bühne geboten hat, am dritten Weg zu sägen (SZ 22.5., Seite 2).
Es ist aber auch ärgerlich, dass es Vertreter von Kirche und Diakonie auf Anfrage der Zeitung nicht schaffen, substantiiert und für den geneigten Leser nachvollziehbar den dritten Weg zu verteidigen.
Woran liegt das eigentlich?
Es gibt gute Gründe, für evangelische Non-Profit- Unternehmen, kirchliches Arbeitsrecht anzuwenden: Im Gegensatz zum weltlichen Arbeitsrecht nimmt es den ideellen Zweck als Hauptunternehmensziel ernst und leitet von ihm ein anderes Gegenüber zwischen Leitung und Mitarbeiterschaft ab.
Eigentlich eine gute Sache: von der Hilfskraft bis zum Geschäftsführer haben alle Mitarbeitenden das gleiche Ziel, nämlich einen Mehrwert für ihre Mitmenschen, für die Gesellschaft zu schaffen. Davon ausgehend fordert kirchliches Arbeitsrecht auf beiden Seiten mehr Konsensbereitschaft. Wichtige Themen sollen im konstruktiven Miteinander und nicht im Streit gelöst werden.
Richtig ist: In vielem räumt das kirchliche Arbeitsrecht den Mitarbeitenden mehr Mitsprache und mehr Mitbestimmung ein. Richtig ist aber auch, dass es den Tarifparteien wesentliche Arbeitskampfmittel wie Streik und Aussperrung verwehrt.
Das der Ansatz gut funktioniert, zeigt die Statistik: In keinem Bereich des Sozialwesens gibt ist die Quote tarifgebundener Arbeitsverhältnisse so hoch wie in der Diakonie. Pikantes Detail am Rande: Gewerkschaftseigene oder –nahe Unternehmen wie der ASB und der Internationale Bund mischen das Preisgefüge der betroffenen Märkte regelmäßig durch Preise auf, die nur durch Winkelzüge wie die Ausgründung von Geschäftsbereichen in tariffreie Gesellschaften mit Dumpinglöhnen möglich sind.
Überhaupt Verdi: Die Gewerkschaft ist über viele Bildungs- und Sozialunternehmen wichtiger Mitkonkurrent im Bildungs- und Pflegemarkt und hat im Bereich der Diakonie nur wenig Mitglieder und Gestaltungsmacht. Trotz dieser schwierigen Rolle schafft es die Gewerkschaft regelmäßig, den moralischen schwarzen Peter der Diakonie in die Karten zu spielen.
Gute Gründe den dritten Weg zu stützen? Ich finde schon.
Dazu wäre es allerdings notwendig, diese Gründe auch an den Mann zu bringen. Wer einen anderen Weg geht, als die anderen, tut gut daran, sich in seinem Handeln transparent zu machen.
Der Weg, den das Diakonische Werk in Württemberg über die Jahre gegangen ist, ist dagegen geprägt von weitgehender Sprachlosigkeit. Viel zu lange hat man sich darauf verlassen, in der juristischen Auseinandersetzung um den dritten Weg die Oberhand zu behalten und es ist auch – trotz weitgehenden Zugeständnissen nicht gelungen, ein konstruktives Miteinander zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern auf Landesebene zu schaffen.
Aber juristisch ist der Konflikt nicht zu gewinnen. Wer die Herzen der Entscheider, der Öffentlichkeit und der Politik verliert, dem hilft am Ende kein gewonnener Gerichtsprozess.
Dazu wäre Sprach- und Überzeugungsfähigkeit über die Gründe, Vorteile und Erfolge des eigenen Tuns ein erster Schritt.