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Vaterschaftstest: Soziale Vaterschaft geht der physischen Vaterschaft vor

Kein Anspruch auf Vaterschaftstest des vermeintlichen biologischen Vaters, wenn dadurch die funktionierende Familie gefährdet wird

Der EuGH hat entschieden, dass der Ex-Liebhaber einer Frau auch dann keinen Anspruch auf einen Vaterschaftstest bei einem Kind hat, wenn aufgrund des zeitlichen Settings seine Vaterschaft wahrscheinlich ist.

Hintergrund: Nach deutschem Recht gelten Kinder, die während einer Ehe geboren werden, von Gesetzes wegen als ehelich. Seit es möglich ist, über Gentests die Vaterschaft eindeutig festzustellen, lässt sich der Gegenbeweis allerdings relativ einfach führen.

Die übliche Fallgestaltung ist umgekehrt: meist wehrt sich der Vater „per Gesetz“ gegen Unterhaltsansprüche der Mutter und des Kindes, wenn er meint, nicht der biologische Vater zu sein. Im vorliegenden Fall argumentierte der gesetzliche Vater jedoch, dass durch den Test die Familie und damit das Kindeswohl gefährdet werden würde. Dem ist das Gericht mit einer Begründung aus dem Kaukasischen Kreidekreis gefolgt: Vater ist nicht der Erzeuger sondern es ist höher zu bewerten, wer das Kind aufzieht und ihm sein soziales Umfeld verschafft, also Bezugsperson ist.

Schwierig an der Entscheidung ist sicherlich, dass im Einzelfall erhebliche finanzielle Interessen des Kindes, etwa wenn der biologische Vater sehr reich ist, gegen das Interesse an einer sicheren und fördernden familiären Umgebung abwogen werden müssen. Es bleibt deshalb spannend, wie sich die Rechtsprechung zu dieser Frage weiter entwickelt.

Weitere Infos zum Urteil: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/egmr-1611215-vaterschaftstest-kindeswohl-familie/

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